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Abstand halten oder: Wie wir in diesem Jahr 2022 wieder zu mehr Berührungen finden

Was glaubst du macht mehr Stress und Beziehungsprobleme? Der fehlende Sex oder zu wenig Berührungen? Tja, was auch immer du dachtest, es sind die Berührungen. Ich lese immer wieder in Umfragen, beispielsweise von bekannten Online-Dating-Plattformen: 67 % sagten, der größte Stress in einer Beziehung seien fehlende Berührungen. Umarmungen, schmusen, einander einfach mal drücken, eine kleine Streicheleinheit oder flüchtige und beinahe beiläufige kleine Berührungen im Alltag – das alles hat nicht nur sehr positive Effekte auf unsere Beziehung – sogar auf unser Wohlbefinden – also auch unsere psychische und physische Gesundheit.

Berührungen gesucht

Gerade jetzt seit Beginn der Pandemie fallen viele selbstverständlichen Berührungen weg. Wir geben einander nicht mehr die Hand, halten bei Gesprächen deutlich mehr Abstand, treffen real weniger Menschen. Selbst wenn das nicht die beliebtesten Berührungen waren: Sogar Ärzt:innen bleiben oft lieber hinter dem Schreibtisch und schreiben bei Halsschmerzen eine Überweisung zum Facharzt als mal in den Rachen zu blicken. Es gilt jetzt also deutlich bewusster, Berührungen zu nahestehenden Menschen zu gestalten und zu genießen. Umso wichtiger, auch Augenblicke zu bemerken, in denen du dich auch emotionaler Hinsicht berühren lässt.

Alleine zu Hause? Auch hier gibt es Wege

Wenn du Single bist, gibt es aktuell gar nicht selbstverständlich und nur phasenweise Möglichkeiten, dir im Alltag Körperkontakt und Wohlgefühl durch Berührungen zu holen. Viele Kolleg:innen und Bekannte halten mehr Abstand, gute Freunde und unsere lieben Familienmitglieder sowie deren Umarmungen wollen wirklich genossen werden. Denn die Kopfmassage beim Friseur, die Gesichtsbehandlung bei der Kosmetikerin, die Massage, oder auch natürliche, spontane Umarmungen unter Freund:innen oder der Familie sind nicht mehr selbstverständlich. Ja, es gibt nun viel mehr Haustiere, vielleicht gibt es auch in deinem Umfeld Tiere, die gerne gestreichelt werden – selbst, wenn du keinen Hund oder keine Katze selbst besitzt, schau dich bewusst mal um. Irgendjemand im Umfeld, der Nachbarschaft ist vielleicht sogar mal froh, das Tier in guten Händen zu wissen.

Ganz viele Berührungen tun auch dann gut, wenn keine große Liebe im Spiel ist. Umso herausfordernder die aktuellen Distanzen. Selbst bei Dates gibt es den Dealbreaker Impfung oder Testung.

Was du jederzeit für dich tun kannst: Bewusst Menschen des Vertrauens treffen und auch mal bewusst Umarmungen und Berührungen suchen. Ebenfalls wohltuend ist Wärme, also ein warmes Bad, Sauna, eine Dusche, etc… Übrigens – harte Fakten: Viele Menschen, die in einer Beziehung leben, leiden unter zu wenig Berührung… es geht ihnen oft nicht viel besser als dir.

Lieber Abstand oder doch nicht?

Körperliche Berührungen sind so wohltuend und wichtig, sie kosten nichts und sind jederzeit verfügbar. Schon vor der Pandemie war es oft cool, Berührungen auszulassen. Jetzt fällt uns auf, wie sehr uns diese kleinen Berührungen fehlen, vielleicht suchen wir sie zukünftig selbstverständlicher und deutlicher? Denn: warum umarmen wir einander oft so wenig? Auch in bestehenden Beziehungen oder in engen familiären oder freundschaftlichen Verhältnissen.

Ja, klar, wenn wir frisch verliebt sind, berühren wir einander quasi ständig – da kann man oft im wahrsten Sinne des Wortes nicht die Hände voneinander lassen – aber in einem gewohnten Alltag? Da haben wir viel häufiger unser Smartphone oder Tablet in der Hand, statt Händchen zu halten oder gar Umarmungen zu suchen.

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Wie viel Berührung darf´s denn sein?

Natürlich ist jede Berührung eine Form der Nähe, die für beide angenehm und gewollt sein soll. Wir berühren viel seltener und derzeit doch wieder viel bewusster jemanden im Gespräch – sei es mit tatsächlichem Körperkontakt aber auch einem aufmerksamen, manchmal liebevollen Blick oder mit Worten, Gesten…
Was berührt dich? Wodurch und von wem lässt du dich berühren? Oft beginnt körperliche Berührung noch vor tatsächlichem Anfassen – man neigt Körper zu einander, wendet sich der/dem anderen zu… daher kommt das Wort Zuwendung…. Ich mag das Wort. Wenn man sich jemandem zuwendet, ist es so schön, dann mit allen Sinnen, der ganzen Aufmerksamkeit beim anderen zu sein.

Ich berühre dich

Eine Anregung zwischendurch: wenn du dir wünschst, dass sich jemand bestimmter, vielleicht dein Partner:in dir wieder mehr zuwendet – wie wäre es, wenn du damit beginnst – in einer Dosis und sanftem Tempo, das für euch beide passt?

Warten hilft nichts. Ich erkenne oft in meiner Arbeit mit Paaren, dass beide darauf warten, dass etwas passiert… und dann passiert eben genau nix.

Tatsächlich wären ja beide Partner reich beschenkt, wenn Berührung wieder stattfindet, selbst wenn Annäherungen in Babyschritten manchmal nötig sind. Apropos Baby…

Der Tastsinn ist der erste Sinn, den wir als Embryo entwickeln – und er bleibt uns auch erhalten, wenn wir betagt sind und vielleicht Hör- oder Sehvermögen schwächer geworden sind. In unserer Haut sind Genussrezeptoren, die bei angenehm streichelnden Bewegungen anspringen – für Wohlgefühl und Wohlbefinden sorgen.

Wie tut dir Berührung besonders gut?

Probiere selbst mal – es macht einen essentiellen Unterschied, ob du bewusst oder unbewusst berührst, streichelst… auch in welcher Geschwindigkeit, mit wie viel Druck – ganz von der Körperstelle abgesehen – Berührungen können Gänsehaut-Schauer auslösen, Wärme, Erregung, Hingabe. Auch und gerade beim Sex wollen wir nicht nur an richtigen Stellen durch mechanische Reibung erregt werden, sondern uns ganzheitlich berühren lassen – uns selbst lebendig spüren, unsere Phantasien befreit träumen oder auch dazu einladen, uns zeigen.

Einander wieder näherkommen?

Ja, es kommt oft vor, dass ein Partner mehr, der/die andere weniger Berührung sucht. Das kann man einander natürlich vorwerfen und dann einfordern – allerdings bringt es nicht das gewünschte Ergebnis – sondern entweder „verordnete“ Berührungen oder keine mehr. Hier gibt es natürlich ganz individuelle Gründe und Wege zu neuen Berührungen.

Ich rege manchmal zu Beginn einer Annäherung an – sich einfach Rücken an Rücken aneinander zu lehnen – und ein paar Minuten vereinbaren und sitzen zu bleiben, am besten mit Wecker – damit der, der mehr Berührung sucht, nicht wieder das Gefühl hat, der andere hört früher auf.

Berührungen sind immer auch eine Art Kommunikation – nonverbal, jedoch umso unmittelbarer – so vieles wird durch Körperkontakt ausgedrückt – schnell, klar, direkt. Es geht da nicht in erster Linie um Sex – allerdings – wenn Berührungen innerhalb einer Liebesbeziehung wieder bewusst forciert werden, kuscheln und schmusen wieder Raum und Gelegenheit finden, ist der Weg zum Sex oft gar nicht mehr weit.

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