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Bloody Love – Deine Tochter, die erste Menstruation und Du

Du hast eine Tochter (oder auch eine Sohn- dazu weiter unten)? Das Thema Menstruation rückt näher und näher? Ob Schreckgespenst oder heiß ersehntes Freudenereignis- Austausch und Information sind unfassbar wichtig! Wie ihr gemeinsam diesen Weg gehen könnt, erfahrt ihr in diesem Artikel.

Als Sozial- und Sexualpädagogin und durch meine langjährige Arbeit mit Mädchen kann ich sagen: „Es ist unfassbar wie viel Mythen und Kuriositäten rund um die Monatsblutung von Frauen kursieren.“ Ich finde besonders beim Thema Monatsblutung zeigt sich die Angst und Unsicherheit vor allem in der Sprache: Erdbeerwoche, der Besuch der roten Tante, die Zeit des Monats, die Regel, die Menstruation… Viele Begriffe für ein und das selbe, für das natürlichste der Welt, für das Wunder welches Leben auf der Erde überhaupt erst ermöglicht. Mehr als 50% aller Menschen bluten einmal im Monat und dennoch ist die Menstruation nach wie vor ein großer Faktor weiblichen Unterdrückung. In vielen Ländern der Welt werden Mädchen und Frauen auf Grund ihrer Blutung nach wie vor ausgegrenzt und isoliert. In Teilen Afrikas oder Asiens beispielsweise gehen mehr als 50% aller Mädchen während der Blutung nicht in die Schule, dies führt unweigerlich zu einem massiven Bildungsunterschied. Ganz abgesehen davon was Frauen weltweit Monat für Monat auf sich nehmen müssen um sich ihre Blutung leisten zu können, bzw. um diese gut zu „verstecken“. (vgl. Periode ist Politisch, Franke Frei 2020)

Umso wichtiger ist es, dass wir unsere Töchter gut aufklären, ihnen Selbstbewusstsein und Stärke vermitteln, auch, oder vor allem, in Bezug auf ihre Menstruation.

Laut einer Studie der wunderbaren Plattform „Erdbeerwoche“ stehen 60% der Mädchen in Österreich ihrer Periode nach wie vor negativ gegenüber. Wie kann man diese Zahl also langsam und in kleinen Schritten verändern?

Bleib erst bei dir selbst – DIE REFLEXION

  • Wichtig ist, dass du dich mit deinen Werten und Glaubenssätzen, die du im Laufe des Lebens gelernt hast und die sich bewusst wie unterbewusst festgesetzt haben, auseinandersetzt. Dabei helfen gezeichnete Zeitleisten.
  • Starte mit der ersten Erinnerung zum Thema Weiblichkeit und Menstruation.
  • Wie wurde Nacktheit und Sexualität, sowie körperliche Aufklärung in deiner Herkunftsfamilie gelebt?
  • Wie hast du von Hygieneprodukten erfahren?
  • Wie hast du deine erste Periode empfunden?
  • Was hätte besser sein können? Was hättest du dir gewünscht?
  • Welche Informationen waren besonders wichtig – welche besonders peinlich?
  • Gab es in deinem Leben als Jugendliche oder junge Frau unangenehme Situationen im Zusammenhang mit deiner Blutung?
  • Wie gehst du mit Schmerzen um?
  • Wie stehst du heute zu deiner Blutung und der Beziehung zu dir selbst als weibliches Wesen?

In einer Podcast-Folge spricht Karin ganz unverblümt darüber, wie sie die erste Menstruation ihrer Tochter erlebt und wie sie dieses Ereignis zu den Erfahrungen ihrer eigenen zurückkatapultiert hat.

Dann gehe in Verbindung – DAS MITEINANDER

Wenn du dich dabei sicher fühlst, ist der einfachste und natürlichste Weg deiner Tochter die Monatsblutung näher zu bringen, sie in deine eigene Monatsblutung einzubeziehen.
Sprich mit ihr darüber, dass die Blutung einsetzt, dass du dies als angenehm oder unangenehm empfindest und was sich in dieser Zeit für dich verändert (körperlich wie emotional). In vielen Familien stehen die Hygieneprodukte für alle sichtbar auf der Toilette – so kann das Mädchen diese auch „heimlich“ begutachten und Fragen stellen, wenn diese aufkommen. Manche Mütter haben auch kein Problem mit geöffneten Toilettentüren, so können schon kleinere Mädchen das wechseln eines Tampons, oder eine blutige Binde sehen und sich nicht davor gruseln, sondern eine Erklärung dafür erhalten.

Wenn dir das zu nahe geht empfehle ich das zur Verfügung stellen von toller Kinder- und Jugendliteratur zum Thema oder gute und informative Websites. (Ganz besonders https://erdbeerwoche.com/ oder https://www.rataufdraht.at/themenubersicht/gesundheit /)

Man kann sich als Eltern leider nach wie vor nicht darauf verlassen, dass in allen Schulen gute, behutsame und korrekte Aufklärung stattfindet. Ich habe mit Mädchen gesprochen, die sich bei der ersten Periode zu Tode gefürchtet haben, da sie davor keine Informationen erhalten hatten. Es liegt in unserer erwachsenen Verantwortung es soweit nicht kommen zu lassen!

Die richtigen Informationen sind Gold wert – DIE BILDUNG

Die erste Regel, die Menarche, tritt zwischen dem 9. und 16. Lebensjahr auf. Durchschnittlich mit 12 Jahren. Schon ca. zwei Jahre davor kann sich in der Unterhose weißlich, dickflüssiger Ausfluss finden. Viele Mädchen sind dadurch verunsichert, glauben dass sie krank oder schmutzig sind, fühlen Scham und Unsicherheit. Der Weißfluss ist eine ganz natürliche und gesunde Entwicklung des Körpers. Er probt sozusagen für den „Ernstfall“. Mädchen können, wenn sie sich wohler fühlen, Slipeinlagen verwenden. Dieser Umstand kann schon genutzt werden um auch weitere Produkte vorzustellen. Binden, Tampons und aktuell immer beliebter Menstruationstassen, Periodenunterwäsche und Stoffbinden. Ein Zyklus beginnt am ersten Tag der Regel bis zum ersten Tag der nächsten Blutung. Bei jungen Frauen kann der Zyklus noch sehr unregelmäßig verlaufen. Kurze und längere Abstände zwischen den Blutungen sind ganz normal. In der ersten Zyklushälfte baut sich, auf Grund eines ausgeklügelten Zusammenspiels von Hormonen, die Gebärmutterschleimhaut auf. Ungefähr 10 – 14 Tage VOR der nächsten Blutung findet der Eisprung statt (es ist nicht genau die Mitte). Wird die Eizelle, die 18 Stunden im Eileiter wartet, nicht befruchtet löst sich diese auf. Danach sinkt der Hormonspiegel wieder ab und die Schleimhaut geht als Monatsblutung ab.

Vergiss nicht auf die Verhütung – DER SCHUTZ

Sollte deine Tochter spät ihre Blutung bekommen und davor schon sexuell aktiv sein, ist auch hier eine gute Verhütung wichtig. Das Mädchen kann nie wissen, wann der erste Eisprung einsetzt, somit kann es, auch ohne einer vorangegangener Blutung, zu einer Schwangerschaft kommen. Wichtig ist eine gute gynäkologische Beratung welches Verhütungsmittel am besten für das Mädchen passt. Hormonelle Verhütung ist bereits sehr vielfältig und wird oft gut vertragen. Von Pille, über Pflaster, Nuvaring, Mini-Pille etc. Auch die Kupferspirale wird oft bereits jungen Mädchen ab 16 Jahren gesetzt und ist eine gute hormonfreie Variante. Wichtig ist womit sich das Mädchen selbst wohl fühlt – nicht die Mama.

Was wenn es soweit ist? – DIE REALITÄT

Die erste Menstruation sollte immer ein Tag zur Freude sein. Aber manchmal ist weniger mehr. Gerade in diesem Alter kann es schwierig sein, wenn Mama ein allzu großes Tamtam macht. Keine Mondparty, kein Fest der Weiblichkeit, keine große Zeremonie. Vielleicht ein schönes Abendessen mit der Mama und der besten Freundin, vielleicht ein Shopping Tag, oder ein Kinobesuch. Irgendetwas was Spaß macht und bewusst macht, dass es etwas Besonders und nichts Schreckliches ist. Stolz auf die Weiblichkeit und den Körper stehen im Vordergrund. Einiges verändert sich nun, aber nicht alles! Um Angst und Unsicherheiten zu nehmen ist es spätestens jetzt notwendig die Wichtigsten Informationen zu körperlichen Vorgängen, Hygiene und Verhütung mit deiner Tochter zu teilen. Lass ihre Zeit, aber sprich es an!

Und wenn du einen Sohn hast? – FEMINISTISCHE BURSCHENARBEIT

Alles was ich oben beschrieben habe, sollten auch eure Söhne sehen, lernen und wissen.
Die Themen Zyklus, Monatsblutung und Verhütung gehen nicht nur uns Frauen etwas an.
Jungs und Männer haben die Pflicht, aber auch das Recht über diese wunderbaren biologischen Vorgänge Bescheid zu wissen, zu verstehen was im Körper einer Frau vor sich geht. Um selbstsichere und solidarische Männer zu werden, um ihre Freundinnen besser unterstützen zu können und um in einer gleichberechtigten Empfängnisverhütung eine Rolle zu spielen.

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